Ich zähle definitiv nicht zu den fleissigen Berichte-Schreiberinnen, da ich aber doch eine sehr schöne Saison mit einigen speziellen Highlights erlebt habe, versuche ich mich jetzt auch mal im «berichten» und mache zum Jahresende einen kleinen Saisonrückblick.
Das Jahr hat im April mit der PDG angefangen und es war für mich bereits ein kleines Highlight, im Vollmond bei unglaublichen Verhältnissen über die Tete Blanche zu Touren und dabei die schöne
Bergwelt hautnah zu erleben. (Details siehe Bericht von Cristina letzten April).
Relativ kurzfristig habe ich mich dann entschieden, am Gigathlon 2016 wiederum als Single zu starten, obwohl oder gerade weil er so früh war und ich die benötigten Höhenmeter von der PDG ja eh
schon in den Beinen hatte. Der Gigathlon resp. meine gute Klassierung kam dann wohl auch für mich ein bisschen überraschend. Es ist alles rund gelaufen, ich hatte wie alle mit der Kälte und
anderen kleinen Blessuren zu kämpfen aber im Grossen und Ganzen konnte ich den Anlass trotz den garstigen Bedingungen geniessen. Und ich habe auch gelernt, dass Gigathlon hart sein kann, die
2016er Ausgabe war definitiv nicht mit dem Aarau-Gigathlon zu vergleichen. Die Erlebnisse und harten Bedingungen am Gigathlon gaben mir dann auch den nötigen Mut, als eine Anfrage vom Radys
Adventure Racing Team kam, ob ich nicht mit ihnen in den Pyrenäen an einem Adventure Race starten würde.
Zuerst hatte ich natürlich 1000 Fragen und Zweifel über ein Rennen, welches mit einer Wettkampfdauer zwischen 100 und 150 Stunden, ein nonstop Rennen sozusagen, fernab von dem lag, was ich je
schon gemacht hatte. Aber irgendwie liess mich der Gedanke an dieses Abenteuer nicht mehr los und ich habe zugesagt. Wenn nicht jetzt, wann dann, war meine Devise…fit bin/war ich ja :-).
Ich war unglaublich gespannt was da auf mich zukommen würde, freute mich wie ein kleines Kind und gleichzeitig hatte ich auch grossen Respekt. Adventure Racing bedeutet auch eine grosse
Materialschlacht und ich war unglaublich froh, dass meine Teamkollegen sehr routiniert waren (sie haben bereits mehr als 10 solche Rennen gemeinsam absolviert) und ich als Rookie sie alles
Fragen konnte und noch wichtiger; auf fast alles eine Antwort bekam. In ein paar Vorbereitungstrainings haben wir uns besser kennen gelernt und uns auch in den eher ungewohnte Disziplinen wie
z.B. Canyoning sattelfest gemacht.
Das Raid in France zählt zur AWR Serie und wie ich dann erfahren durfte, waren sehr starke Teams am Start unteranderem auch die Weltmeister, das Team Seagate aus Neuseeland. Wir hatten also 450
km, zu Fuss, mit dem Bike, dem Kanu, dem Raft, durch Canyons, abseilend und durch Höhlen zu absolvieren. Das Rennen startete in den Pyrenäen und endete am Meer in St. Pier de la mer, mit einer
50’000er Karte, einem Kompass und Höhermeter ausgerüstet, mussten verschiedene Kontrollposten und Checkpoints angelaufen und «gesammelt» werden. Die exakte Routenwahl war jedem Team selber
überlassen und so versteht sich auch, das entsprechendes, gutes Navigieren einen sehr grossen Einfluss auf den Erfolg bei einem Adventure Race hat. In 10 Wechselzonen haben wir unsere
Materialwechsel vorgenommen und konnten dort jeweils auch wieder Verpflegung für die anstehende Etappe mitnehmen. Eine Regel war noch, dass man in den 6 Tagen irgendwie verteilt mindestens 11h
schlafen musste, d.h. an einem Ort wo einem diese "Schlafstunden" gut geschrieben wurden.
Es versteht sich von selbst, dass in den zwei Tagen vor dem Rennen die meiste Zeit in die Logistik investiert wird, dass man dann eben das richtige Material am richtigen Ort und das richtige
Essen zum richtigen Zeitpunkt dabei hatte. Eine schöne Challenge und man kann vieles vorbereiten aber wohl nicht ganz alles. Ich war froh, als es dann endlich los ging und meinem «gwunder» wie es
wohl werden würde, ein Ende gesetzt wurde.
Das Roadbook bekamen wir erst sehr kurzfristig, d.h. am Mittag und um Mitternacht war dann der Start. Nach dem ersten Auseinandersetzten mit der Strecke haben sich bei mir schon ein paar Zweifel
eingestellt, denn die erste Etappe war ein Trekking über mehr als 72km und unglaublich vielen Höhenmetern abwärts. Ich stellte mir schon die Frage, ob meine Füsse diesen Trek überleben werden?
Leise Zweifel kamen auf….das war eine meiner grössten Ängste, da ich wusste, dass meine Füsse anfällig für Blasen sind. Und so kam es dann auch. Die erste Trekkingetappe hat eigentlich meine
Füsse bereist gekillt, Nägel weg, Blasen von unten, von oben einfach überall und das nach den ersten 25h, konnte ja heiter werden. Und so war es dann auch. Mit Tape und Compete versuchte ich
meine Füsse irgendwie über die Runden oder besser gesagt über die Berge zu bringen. Dafalgan hat auch einen entsprechend grossen Beitrag geleistet, dass ich manchmal sogar ein bisschen die
Schmerzen vergessen konnte. Aber es war schon sehr allgegenwärtig und ich habe mich jeweils enorm aufs Sitzen auf dem Bike gefreut, was für meine Füsse Erholung vor dem nächsten Trek bedeutete.
Irgendwie habe ich es bis Donnerstagabend geschafft und nur noch die letzten 70km Kanu standen vor uns. War aber auch an der Zeit. Inzwischen haben sich meine Füsse und Blasen sehr entzündet und
ich musste Antibiotikums nehmen, wohl gerade noch rechtzeitig. Ich habe es ins Ziel geschafft, auch wenn der Zieleinlauf nicht so entspannt aussah. Ich habe es geschafft, dank meinem Team, die
mir oft Material abgenommen haben und mir die Trekkings irgendwie "überlebbar" machten.
Das ganze Rennen war ein unglaubliches, intensives Erlebnis, etwas was ich in dieser Form noch nie annähernd erlebt habe. Es war definitiv eine Grenzerfahrung, für mich vor allem wegen den
Schmerzen und Blasen an den Füssen. Es war spannend, die kleinen Sleeping Monster zu sehen. Jetzt weiss ich endlich was es damit auf sich hat, wenn der Körper einfach so müde ist und sich
gewissen Gegenstände, Figuren, Schlösser oder Burgen einbildet, obwohl sie gar nicht da sind. Und es ist gewaltig, 6 Tage lang einfach so eins mit der Natur zu sein, unglaubliche Sonnenauf und
Untergänge zu erleben, durch verwilderte Abhänge und Bäche zu kraxeln und manchmal war es nur noch der Powernap, welcher uns über die nächsten Stunden rettete. In dieser Zeit befindet man sich in
einer eigenen Welt, manchmal fast ein bisschen in Trance, mit nur sehr beschränkten Sorgen, fernab von jeglichem online Trash oder sonstigen Einflüssen. Es geht einzige darum, wie man den
nächsten Kontrollposten am schnellsten und intelligentesten findet (wir wollen ja möglichst schnell ins Ziel) und wo wir das nächste Wasser/Essen finden, damit die Energie reicht, auch möglichst
schnell dahin zu kommen. Alles funktioniert nach dem Prinzip "reduced to a minimum", eine schöne Erfahrung in der heutigen Zeit.
In diesem Sinne und auch mit einem gewissen Abstand und Distanz zum Geschehenen (das Rennen war am 09.09.16 zu Ende) kann ich wohl sagen, dass dies mein erstes Adventure Race war und auch
sehr viele positive Erlebnisse brachte. Hätte mich jemand im Ziel gefragt, wäre die Antwort wohl gewesen; erstes und letztes mal! ;)
Ich danke allen Freunden, meinem Team, Bekannten und Familie, welche mich durchs Jahr begleitet haben und mich immer wieder unterstützen bei allen meinen Vorhaben, Plänen und Projekten. Ohne euch
wäre dies nicht möglich. THANK YOU!
Ein riesiger DANK gilt auch X-Bionic, ON und Sponsor für die super Unterstützung!
Im diesen Sinne ALLEN einen guten Jahreswechsel und viel Spass beim planen eurer nächsten Ziele und Highlights fürs 2017. Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!!
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Karin Diethelm (Mittwoch, 15 Februar 2017 20:26)
Wow ä unglaublichi Leistung Sybille. Ganz grosses Hut ab!